Mindestlohn für Briefdienste - ver.di betreibt ein falsches Spiel mit durchsichtigen Zahlentricks
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Erstellt am Freitag, 02. November 2007 09:31
Die Gewerkschaft ver.di versucht mit durchsichtigen Zahlentricks, die Einführung eines gesetzlich verordneten Mindestlohns im Briefbereich trotz eines fehlenden 50%--Quorums durchzusetzen. Sie zieht Beschäftigtenzahlen heran, die im klaren Widerspruch zu dem „Tarifvertrag Mindestlohn Post" und den Aussagen des Bundesarbeitsministers Franz Müntefering zum geplanten Geltungsbereich des Mindestlohns im Briefsektor stehen. Dieser hatte am 19.9.2007 nach dem Kabinettbeschluss zur Einführung eines Mindestlohns öffentlich bestätigt: "Alle, die Briefe tragen, sind Briefträger".
Der geplante Mindestlohn solle laut Bundesminister Müntefering daher auch für alle Beschäftigten gelten, die nur gelegentlich Briefe austragen. ver.di hatte selbst einen Mindestlohntarifvertrag ausgehandelt, der in • 1 Abs. 3 folgenden Geltungsbereich vorsieht: „Der Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer, die Tätigkeiten in der gewerbs- oder geschäftsmäßigen Beförderung von Briefsendungen für Dritte ausüben. Nicht erfasst werden Arbeitnehmer, die ausschließlich Zeitungen oder Zeitschriften (Zeitungszusteller) befördern". Davon wären zahlreiche Branchen betroffen - und alle Erfüllungsgehilfen, Taxifahrer, Agenturen, Einzelhändler, die einen Brief von A nach B tragen. Der von ver.di und Deutsche Post AG vorgelegte „Mindestlohn"-Tarifvertrag" verfehlt eindeutig das 50%-Quorum, das als Bedingung für die Einführung des Mindestlohns gilt. Alle Branchen, die nach Maßgabe des von Minister Müntefering vorgegebenen Kriterium betroffen wären, wurden von ihren Branchenverbänden mit dem Ergebnis befragt, dass ca. 341.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen außerhalb des Post-Konzerns entweder überwiegend oder gelegentlich in der Briefzustellung tätig sind. Diese wären vor einer evtl. Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfasst. Dies sind 74,7% (ohne Beamte) bzw. 76,1% (mit Beamten) aller Beschäftigten in der Briefzustellung in Deutsch¬land. Im Einzelnen wären von einem staatlichen Mindestlohn im Briefbereich durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz betroffen:
Beschäftigte bei Speditionen und Logistikunternehmen
100.000
Zeitungszusteller
90.000
Beschäftigte bei mittelgroßen und großen Kurier-, Express- und Paketdiensten
65.000
Arbeitnehmer bei Briefdienstleistern im lizenzierten Bereich (der Jahresbericht der Bundesnetzagentur 2006 weist für 2005 ca. 46.000 Beschäftigte aus; seither sind weitere Arbeitsplätze in Erwartung der Aufhebung des Briefmonopols zum 1. Juni 2008 geschaffen worden)
rd. 60.000
Beschäftigte bei kleineren Kurier-, Express- und Paketdiensten
16.700
Arbeitnehmer bei Agenturpartnern der Deutschen Post
rd. 10.000
Total (ohne Post-Konzern): 341.700
Hiervon bestehen für mehr als 120.000 Beschäftigte bereits anderweitige tarifvertragliche Regelungen, so z.B. im Transportgewerbe. Die ermittelten Daten untermauern das Zahlenwerk der Bundesnetzagentur und ergänzen diese um die Beschäftigten, die nicht ausschließlich in der Briefbranche tätig sind. Eine staatliche Mindestlohnregelung würde also in massiver Weise in bestehende Tarifregelungen eingreifen.
Eine sachgerechte Lösung ist daher nur möglich, wenn die momentanen Pläne für einen staatlich verordneten Mindestlohn abgeblasen und neue Tarifverhandlungen unter Einschaltung aller betroffenen Verbände stattfinden würden. Eine Einladung an ver.di, an den Verhandlungstisch zu kommen, ist bereits mehrfach ausgesprochen worden.
Über den Verband:
Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e. V. wurde am 12. September 2007 gegründet. Er vertritt inzwischen mehr als 35 Briefdienstleister. Außerdem haben der Arbeitgeberverband und der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e. V. (BdKEP), der mehrere hundert mittelständische Unternehmen aus der Postbranche vertritt, deren Geschäftsfeld entweder hauptsächlich oder teilweise die Briefbeförderung und -zustellung ist, eine enge Zusammenarbeit vereinbart. Der BdKEP ist in der Tarifkommission vertreten. Der Verband hat seinen Sitz in Berlin. Präsident des Verbandes ist Florian Gerster. Stellvertretender Vorsitzender ist Dr. Bernd Jäger, weitere Vorstandsmitglieder sind Dr. Axel Stirl und Lars Tisken.
Ziele des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste e. V.:
Die dem Verband angehörenden Unternehmen bieten im Wettbewerb zum etablierten Anbieter, der Deutsche Post AG, Briefdienste an. Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e. V. möchte mit den Branchengewerkschaften einen Tarifvertrag für die Brief-branche abschließen. Der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e. V. und seine Mitgliedsunternehmen sind daran interessiert, angemessene und faire Mindestlohnbedingungen mit den Gewerkschaften auszuhandeln, die den sozialen Bedürfnissen der Beschäftigten und der Arbeitsplatzsicherung ebenso entsprechen wie den Anforderungen der zum 1. Januar 2008 sich vollständig öffnenden Briefmärkte.