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FAZ: Post muss viele Geschäftsbriefe verteuern

Die Bundesnetzagentur schränkt die Möglichkeiten von Sonderrabatten für Unternehmen ein. Die Post-Konkurrenten wittern sogleich lukrative Zusatzgeschäfte.

bü. DÜSSELDORF, 19. September. Briefe werden schon wieder teurer. Zum Jahreswechsel wird die Deutsche Post die Tarife für viele Sendungen von Geschäftskunden auf einen Schlag von bisher 28 auf mindestens rund 41 Cent anheben. Grund dafür ist ein seit langem schwelender Streit um einen Zusatzrabatt auf die sonst üblichen Tarife: Den außergewöhnlich niedrigen Sonderpreis darf die Post nur noch für Reklamebriefe gewähren. So hat es die Bundesnetzagentur angeordnet. Bisher gelten die Vorzugskonditionen generell für "inhaltsgleiche Geschäftspost". Dabei kommen große Mengen zusammen: Einladungen, Bescheide, Versicherungsunterlagen, Wahlbenachrichtigungen, allgemeine Kundeninformationen oder Mitarbeiterzeitungen, welche der Bonner Briefriese ebenfalls als "Dialogpost" zum Sondertarif befördert. Was nach Untiefen des Postrechts klingt, könnte nach Einschätzungen aus der Branche große wirtschaftliche Folgen haben: Durch die neue Preisgestaltung könnten die Umsätze auf dem Briefmarkt um "Hunderte von Millionen Euro" steigen, hieß es vom Bundesverband Briefdienste. Die Post rechnet ihrerseits zunächst nicht mit "wesentlichen Umsatzveränderungen" für den eigenen Konzern.

Die Netzagentur wertet die Sonderrabatte zum Teil als unzulässige Wettbewerbsbehinderung. Ein vergünstigter Versand sei "nur für solche Kundengruppen erlaubt, bei denen die Deutsche Post AG einem verstärkten Substitutionsdruck ausgesetzt ist. Das sind nur die Versender von Briefen mit werblichem Inhalt", begründet die Netzagentur ihre Entscheidung. Gemeint ist die wachsende Werbekonkurrenz durch das Internet, die auch der Post schwer zu schaffen macht. Die Post werde ihre Konditionen für die Dialogpost zum Jahreswechsel anpassen, bestätigte ein Konzernsprecher. Die Regulierungsbehörde hofft, durch die Verlagerung eines "erheblichen Sendungsvolumens" in die üblichen Tarife "einen positiven Impuls für den Wettbewerb im Briefmarkt zu setzen", wie sie in einem Bericht an ihren politischen Beirat schreibt.

Doch klar ist, dass sich die Post diesen Teil des Marktes so einfach nicht nehmen lassen wird. Der neue Brief- und Paketvorstand Tobias Meyer steht unter Druck, die ehrgeizigen Geschäftsziele für die Sparte zu erreichen. Sein Vorgänger Jürgen Gerdes war noch vor Gericht gezogen, um die Niedrigpreise für die Dialogpost zu verteidigen. Nach jahrelangem Rechtsstreit gab das Verwaltungsgericht Köln im März der Netzagentur recht, woraufhin die Post, wie fast regelmäßig in solchen Fällen, Berufung einlegte.

Ende Juli zog sie ihre Beschwerde überraschend zurück, und das Gericht stellte das Verfahren ein. Damit ist das Urteil rechtskräftig, und die Netzagentur kann ihren Beschluss durchsetzen.

Genaue Zahlen zu den Volumina wollte die Post auf Anfrage nicht nennen. Laut Geschäftsbericht hat der Bonner Briefriese im vorigen Jahr 7,7 Milliarden "normal" bezahlte Briefe (Brief Kommunikation) und 8,4 Milliarden Sendungen im Segment "Dialogmarketing" befördert. Dabei handele es sich um adressierte, teiladressierte und nicht adressierte Sendungen inklusive "Einkauf Aktuell", die zu unterschiedlichen Preisen angeboten würden. Wie viele davon nun teurer werden, weil es sich nicht um "echte" Reklame handelt, verrät die Post nicht. Betroffen sei nur ein geringer Teil der Sendungen aus dem adressierten Bereich.

Die möglichen eigenen Mehrumsätze spielte die Post auch deshalb herunter, weil Wettbewerber nun verstärkt auf Kundenjagd gehen könnten. "Berücksichtigt man zudem die Alternativen, die Kunden haben, gehen wir derzeit nicht davon aus, dass es zu wesentlichen Umsatzveränderungen ab dem 1. Januar 2020 kommt", so der Sprecher. Die Konkurrenz kalkuliert damit, dass sie Zugriff auf gewaltige zusätzliche Briefmengen bekommt. "Die Post ist unter falscher Flagge gesegelt und hat dem Markt für normale Briefe Milliarden Sendungen entzogen", sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Briefdienste, Walther Otremba, der F.A.Z. "Das war nichts anderes als Preisdumping." Mit einer gezielten Preisunterbietung wie bei der Dialogpost versuche die Post, den Markt abzuschotten. Künftig müsse sie diese Sendungen als normale Geschäftspost auf den Weg bringen und sich so dem Wettbewerb aussetzen, sagte der frühere Staatssekretär im Wirtschafts- und Verteidigungsministerium.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.09.2019, Seite 19

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